Paroxetin, Fluoxetin und Sertralin ähnlich wirksam und verträglich
- r -- Kroenke K, West SL, Swindle R et al. Similar effectiveness of paroxetine, fluoxetine, and sertraline in primary care: a randomized trial. JAMA 2001 (19. Dezember); 286: 2947-55 [Link]
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- infomed screen Jahrgang 6 (2002)
, Nummer 3
Datum der Ausgabe: März 2002
Studienziele
Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer ("selective serotonin reuptake inhibitors", SSRI) gehören zu den am meisten verwendeten Antidepressiva. Länger dauernde Vergleichsstudien zwischen verschiedenen SSRI wurden bisher nicht durchgeführt, insbesondere nicht bei ambulant behandelten Depressiven.
Methoden
In 2 amerikanischen Erstversorgernetzen mit über 8'600 in der Grundversorgung tätigen Ärztinnen und Ärzte wurden Personen mit einer Depression für diese randomisierte Studie ausgewählt. Sie erhielten entweder Paroxetin (Deroxat®), Fluoxetin (Fluctine® u.a.) oder Sertralin (Gladem®, Zoloft®). Die Behandlungsdauer betrug 9 Monate, wobei je nach klinischem Verlauf Dosisanpassungen oder ein Wechsel auf ein anderes Antidepressivum, auch auf einen anderen SSRI, vorgenommen werden konnte. Der Schweregrad der Depression wurde telefonisch mittels standardisierter Fragebogen erfasst (Basisinterviews). Nach 1, 3, 6 und 9 Monaten wurden zudem strukturierte Fragen über die verwendeten Medikamente erhoben.
Ergebnisse
Bei 573 Personen konnte das Basisinterview durchgeführt werden, initial erhielten 189 Paroxetin, 193 Fluoxetin und 191 Sertralin. In allen drei Gruppen waren zwischen 71% und 74% der Behandelten von einer schweren Depression betroffen. Unter der Behandlung reduzierte sich dieser Anteil in allen drei Gruppen nach drei Monaten auf 32% und nach neun Monaten auf 26% . Zwischen den einzelnen Substanzen ergaben sich keine entscheidenden Wirkungsunterschiede. Auch bezüglich Sistieren der Medikamente (20-24%) und Wechsel auf ein anderes Antidepressivum (14-22%) zeigten sich keine markanten Differenzen. Im Gegensatz zu den anderen Medikamenten genügten täglich 50 mg Sertralin bei deutlich mehr Kranken jedoch nicht, was eine höhere Durchschnittsdosierung von 72,8 mg (initial 50 mg) gegenüber 23,5 mg (initial 20 mg) in der Paroxetin-Gruppe und 23,4 mg (initial 20 mg) in der Fluoxetin-Gruppe erforderte. Bezüglich unerwünschten Wirkungen fanden sich keine nennenswerten Unterschiede.
Schlussfolgerungen.
Die drei selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer Paroxetin, Fluoxetin und Sertralin unterscheiden sich kaum in ihrer Wirkung auf depressive Symptome und weisen auch keine Unterschiede im Nebenwirkungsprofil auf. (FT)Die recht aufwendige Studie ist zwar naturalistisch und pragmatisch ausgelegt, bietet aber kaum zusätzliche klinische Entscheidungshilfen. Sie bestätigt - hier für Kranke der ambulanten Grundversorgung - erneut den Eindruck, dass die neuen Antidepressiva durchschnittlich gleich wirksam und durchschnittlich gleich verträglich sind (bezüglich Wirksamkeit dürfte dies letztlich auf alle etablierten Antidepressiva zutreffen). Wenn sich die einzelnen Substanzen auch in Einzelaspekten wie Halbwertszeit, Interaktionspotential oder Rezeptorenaffinität durchaus unterscheiden, bleibt für den individuellen Kranken weiterhin "trial and error" angesagt, ein Wechsel des primär eingesetzten Antidepressivums fast eher die Regel als die Ausnahme. Dabei kann im Falle von unerwünschten Wirkungen - beim individuellen Kranken - ein Wechsel auch innerhalb der Gruppe der sogenannten SSRI hilfreich sein.
Peter Zingg-Müller
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