Kontaktlinsen über Nacht entfernen
- a -- Cheng KH, Leung SL, Hoekman HW et al. Incidence of contact-lens-associated microbial keratitis and its related morbidity. Lancet 1999 (17. Juli); 354: 181-5 [Link]
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- infomed screen Jahrgang 3 (1999)
, Nummer 8
Datum der Ausgabe: September 1999
Studienziele
Eine mikrobiell verursachte Keratitis ist die gefährlichste Komplikation des Tragens von Kontaktlinsen. Vernarbung oder gar Perforation der Kornea kann daraus entstehen, ein permanenter Visusverlust ist möglich. Mit dieser prospektiven Studie wurde versucht, die bislang unbekannte Inzidenz einer durch Kontaktlinsentragen verursachten Keratitis in den Niederlanden zu untersuchen.
Methoden
Mittels telefonischer Interviews wurde in einer repräsentativen Stichprobe der niederländischen Bevölkerung die Verwendung von verschiedenen Typen von Kontaktlinsen erhoben. Alle Augenärztinnen und -ärzte wurden aufgefordert, in den Monaten April bis Juni 1996 Einzelheiten zu allen Fällen von mikrobiell verursachten Keratitiden bei Kontaktlinsen-Trägerinnen und -Trägern zu melden.
Ergebnisse
Die Befragung ergab, dass in den Niederlanden rund 10% der Personen über 12 Jahre Kontaktlinsen tragen. Harte und weiche, nur tagsüber getragene Kontaktlinsen werden ähnlich häufig verwendet; nur in knapp 2% handelt es sich um weiche Linsen, die 1 bis 2 Wochen kontinuierlich getragen werden können. Während der 3monatigen Studiendauer wurden insgesamt 111 Fälle einer mikrobiellen Keratitis gemeldet, 92 davon betrafen Personen, die aus kosmetischen Gründen Kontaktlinsen trugen. Auf ein Jahr hochgerechnet beträgt die Keratitis-Inzidenz 1,1/10'000 bei harten Linsen, 3,5/10'000 bei weichen Linsen und 20,0/10'000 bei weichen Linsen mit verlängerter Tragdauer. Langfristig erlitten 5 von 92 Personen einen erheblichen Visusverlust. Eine Pseudomonas-Keratitis hatte die ungünstigste Prognose.
Schlussfolgerungen
In den Niederlanden war 1996 die Inzidenz einer Kontaktlinsen-bedingten mikrobiellen Keratitis ähnlich hoch wie in den USA im Jahre 1989. Kenntnisse von Risikofaktoren und Verbesserungen des Linsenmaterials haben daher nicht dazu geführt, dass eine Keratitis seltener geworden ist. Das permanente Tragen von Kontaktlinsen, auch über Nacht, sollte unbedingt vermieden werden.
In einer Augenklinik imponieren die Hornhautinfektionen bei Kontaktlinsenträgerinnen und -trägern als schwerste, sichtbedrohende Infektionen mit den heute längsten und teuersten Spitalaufenthalten, welche nicht selten auch Hornhauttransplantationen nach sich ziehen. Die vorliegende, wertvolle Studie zur Ermittlung der zu erwartenden Inzidenz der infektiösen Keratitis bei kontaktlinsentragenden Personen füllt eine Lücke. Sie bezieht sich auf das Tragen von Kontaktlinsen aus kosmetischen Gründen, d.h. die Refraktionsstörung wäre auch mit Brille korrigierbar. Die ermittelten Zahlen zeigen allen Beteiligten – auch denjenigen, die Linsen verkaufen und anpassen! –, welches (unnötige) Risiko eines erheblichen Visusverlustes eingegangen wird. Für weiche Linsen mit verlängerter Tragdauer ist es am höchsten und liegt im 2‰-Bereich!
Balder Gloor
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