Nierenfunktionsstörung bei älteren Personen häufig nicht erkannt
- a -- Giannelli SV, Patel KV, Windham BG et al. Magnitude of underascertainment of impaired kidney function in older adults with normal serum creatinine. J Am Geriatr Soc 2007 (Juni); 55: 816-23. [Link]
- Zusammenfassung: Eva Blozik
- Kommentar: Hanspeter Marti
- infomed screen Jahrgang 11 (2007)
, Nummer 5
Publikationsdatum: 1. September 2007 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Der Serum-Kreatininwert kann auch bei einer bis zu 50% eingeschränkten glomerulären Filtrationsrate (GFR) noch im Normbereich liegen. Obwohl alternative Verfahren entwickel twurden, wird das Serum-Kreatinin im klinischen Alltag häufig als einziges Kriterium für den Ausschluss einer Nierenfunktionsstörung eingesetzt. Ziel dieser Studie war, abzuschätzen, wie viele zu Hause lebende ältere Personen mit normalen Serum-Kreatininwerten eine reduzierte GFR aufweisen, und welche Personen besonders häufig falsch klassifiziert werden.
Methoden
Aus einer italienischen Untersuchung von zufällig bestimmten, zu Hause lebenden Personen wurden 660 Personen im Alter von 65 oder älter mit normalem Serumkreatinin ausgewählt. Die GFR wurde mit zwei Methoden berechnet: einerseits mit der Cockcroft-Gault-Formel, die den Kreatininwert, das Alter und das Gewicht beinhaltet und die GFR eher unterschätzt, und andererseits mit der Kreatinin-Clearance im 24-Stunden-Urin, welche die GFR eher überschätzt. Eine Nierenfunktionsstörung wurde bei einer GFR von weniger als 60 ml/min angenommen.
Ergebnisse
39% der Personen mit normalem Serum-Kreatinin hatten gestützt auf die Cockcroft-Gault-Formel eine Nierenfunktionsstörung; aufgrund der Kreatinin-Clearance waren es 25%. Der Anteil der Personen, die mit einem der beiden genaueren Verfahren identifiziert wurden, nahm mit steiendem Lebensalter zu. So wurden beispielsweise mit Hilfe der Kreatinin-Clearance 15% der 65- bis 74-Jährigen, 36% der 75- bis 84-Jährigen und 59% der über 85-Jährigen identifiziert. Frauen und normal- oder untergewichtige Personen hatten ein höheres Risiko, bei normalem Serum-Kreatininwert fälschlicherweise als nierengesund eingeschätzt zu werden.
Schlussfolgerungen
Bei alleiniger Berücksichtigung des Serum-Kreatininwertes zur Beurteilung der Nierenfunktion wird ein grosser Anteil der Personen mit eingeschränkter Nierenfunktion im klinischen Alltag nicht erkannt. Dadurch verpasst man einen früheren Zeitpunkt, um mögliche Ursachen und Komplikationen der Niereninsuffizienz zu behandeln oder eine Medikation anzupassen.
Zusammengefasst von Eva Blozik
Diese Untersuchung weist auf eine klinisch wichtige Tatsache hin: ein bedeutender Anteil älterer Leute kann eine deutliche Einschränkung der Nierenfunktion aufweisen, obwohl das Serum- oder Plasma-Kreatinin noch im eigentlichen Normbereich liegt. Die Identifikation einer verminderten glomerulären Filtrationsrate (GFR) oder Kreatinin-Clearance mittels erwähnter Formel (Berechnung: http://mdrd.com/) ist für die praktizierenden Ärztinnen und Ärzte wichtig, beispielsweise um Medikamente korrekt zu dosieren oder das Risiko von Kontrastmitteluntersuchungen abzuschätzen. Deshalb sollte insbesondere bei älteren Personen mit einem «hochnormalen» Kreatininwert die Nierenfunktion genauer berechnet werden. Dabei muss natürlich entsprechend den klinischen Umständen eine nephrologische Abklärung einer Niereninsuffizienz in Erwägung gezogen werden!
Hanspeter Marti
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